Edward Serotta, der Fotograf, der vor 30 Jahren die Evakuation aus Sarajevo fotografisch begleitet und dazu ein Buch herausgegeben hat, mit einigen Mitgliedern von La Benevolencija gedreht hat, unter anderem auch der damalige serbische Medizinabsolvent Srdjan Gornjakovic, der sich La Benevolencija anschloss und unter Kugelhagel Hausbesuche machte. Heute ist er ein sehr erfolgreicher Gastroenterologe, einige Fortbildungen konnte er dank unserer Hilfe in Berlin absolvieren. Oder der unvergessene „Cicko“, Jozef Abinun, der für die Suppenküche kochte.
Es ist ein berührender Film, in dem 6 Menschen zu Wort kommen und über ihre Erfahrungen im Krieg sprechen und diese an die Bevölkerung der Ukraine adressieren, um ihnen Mut zu machen.

Uns allen kamen beim Anschauen die Tränen.

Edward Serotta hat die Organisation centropa gegründet, eine interaktive Datenbank jüdischer Erinnerung, die auch in Wanderausstellungen für Museen und Bibliotheken gezeigt wird, und seit 2007 als Bildungsprojekt für Schulen in Europa, den USA und Israel arbeitet.

Liebe Spenderinnen und Spender von Benevolencija Deutschland,

im Jahr 2024 sind es 30 Jahre, dass Benevolencija Deutschland e.V. gegründet wurde, noch mitten im Bosnien-Krieg und mit dem erklärten Ziel, die Arbeit des Sozialwerks der Jüdischen Gemeinde in Sarajevo La Benevolencija zu unterstützen. Wir sind sehr froh, dass wir diese Aufgabe, mit Ihrer Hilfe über diese 30 Jahre hinweg erfüllen konnten.

Nun haben wir uns, nach langen Überlegungen, für einen bewussten Abschluss entschieden und werden den Verein Benevolencija Deutschland 2024 auflösen. Gemeinsam sind wir 30 Jahre älter geworden, haben personelle Einschränkungen und können die Dinge, die bei diesem Engagement erforderlich sind, nicht mehr adäquat umsetzen.

Natürlich werden wir die Gelder, die bis Jahresende für das Homecare-Projekt von La Benevolencija in Sarajevo auf unserem Konto eingehen, nach Sarajevo überweisen. Gleichzeitig bitten wir diejenigen unserer Spenderinnen und Spender, die einen Dauerauftrag haben, diesen zum Jahresschluss zu kündigen.

Die Geisteshaltung  und der gelebte Humanismus, die das Tun von La Benevolencija Sarajevo für die bedürftigen Menschen ungeachtet von Nationalität und Religion von Anfang an bestimmt hat und immer noch tut, ist uns immer Vorbild und Antrieb gewesen - wichtig wie eh und je in diesen schwierigen Zeiten.

Mit der Versendung der Spendenbescheinigungen Ende Februar/Anfang März werden wir Ihnen einen ausführlicheren Brief schicken und danken Ihnen heute ganz herzlich für Ihre teils 30 Jahre anhaltende Unterstützung!

Mit herzlichen Grüßen
Leonore Maier, Rachel Kohn und Christine Sörje

Berlin, November 2023

 

In einem Porträt in der jüdischen Allgemeinen Zeitung vom 17. März 2022 über die Vorsitzende von Benevolencija Deutschland Rachel Kohn spricht diese über den Krieg in Bosnien und die Parallelen zum Krieg in der Ukraine.

 

https://www.juedische-allgemeine.de/unsere-woche/man-muss-aktiv-sein/

 

Unser Spenderbrief vom Dezember 2021:

Berlin, Dezember 2021 

 

Bosnien-Herzegowina schien lange aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. In der letzten Westbalkan-Konferenz im Oktober wurde deutlich, dass ein Beitrittsdatum zur EU noch in weiter Ferne liegt, und in Banja Luka zündelt der bosnische Serbenführer Milorad Dodik mit Drohungen, die Föderation zu spalten. Vor diesem Hintergrund ist die zunehmend schlechte wirtschaftliche Lage in Bosnien zu sehen, die sich inzwischen auf alle Lebensbereiche auswirkt.

 

Ende Oktober haben wir dazu einen ausführlichen Bericht von La Benevolencija Sarajevo erhalten. Vladimir Andrle hat ihn verfasst, ein junges Mitglied der Jüdischen Gemeinde, mit dem wir inzwischen einen regelmäßigen Austausch pflegen.

 

Nach seinen Angaben geht die hohe Rate der Arbeitslosigkeit einher mit einer Vielzahl prekärer Erwerbsverhältnisse, die sich wiederum auf die Höhe der zukünftigen Renten auswirken. Es gibt eine beträchtliche Zahl von Haushalten mit sechs oder mehr Mitgliedern (Eltern, Kinder, Großeltern), in denen die Rente der Großeltern das einzige feste Einkommen ist. Die garantierte monatliche Rente in 2021 beträgt 480 BAM (konvertible Mark), das entspricht 245,59 EUR. Auf die regulären Einkommen werden hohe Steuern und Sozialabgaben erhoben. Die Lebensmittelpreise sind mit unseren vergleichbar.

 

Die Zahl der Kranken und Pflegebedürftigen nimmt aufgrund der Alterung der Gesellschaft stetig zu. Parallel dazu steigen die Kosten für Medikamente. Eine Reihe von Arzneimitteln steht nicht mehr auf der sogenannten "Positivliste", d.h. wo früher die öffentliche Gesundheitsversorgung eintrat müssen für Heilmittel Anteile von 25-75% oder der volle Preis gezahlt werden. Für bestimmte Behandlungen muss man sich in Wartelisten eintragen, die in drei, sechs oder mehr Monaten abgearbeitet werden. Die Qualität der medizinischen Versorgung ist durch den Fachärztemangel und veraltete medizinische Geräte stark eingeschränkt. Immer mehr Menschen wenden sich an private Einrichtungen oder Kliniken, wenn sie die Mittel dazu haben, während andere sich selbst oder humanitären Organisationen wie La Benevolencija überlassen sind.

 

"Im Jahr 2021 hatten wir viele COVID-Fälle unter den Mitarbeitern von La Benevolencija und den Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde in Sarajevo", schreibt Vladimir Andrle. "La Benevolencija arbeitete nach dem

 

Notfallprotokoll. Krisenstab und Freiwilligenteams waren im Einsatz, um die wichtigsten Aufgaben zu erfüllen und kranken Familien und ihren Angehörigen zu helfen. Von März bis August 2021 waren mehr als 60 Mitglieder der Jüdischen Gemeinde von Bosnien-Herzegowina positiv getestet, 10 Mitglieder starben. Mit Hilfe des American Jewish Committee und der serbischen Jüdischen Gemeinde ist es uns gelungen, für mehr als 260 Personen eine Impfung in Belgrad zu organisieren. Aufgrund mangelnder Vorsorge der Regierung konnten uns keine Impf-stoffe zur Verfügung gestellt werden. Die meisten Impfstoffe, die Bosnien-Herzegowina erhält, stammen aus Spenden verschiedener Länder. Ende September 2021 waren weniger als 16% der Menschen in Bosnien-Herzegowina vollständig und weniger als 7% mit einer Dosis geimpft."

 

Zur politischen Situation in BH heißt es: "Die politische Lage in Bosnien-Herzegowina ist ernst, vor allem weil es sich um eine Vorwahlzeit handelt. Nationalistische und kriegerische Rhetorik wird in der Öffentlichkeit ziemlich laut. Die letzten Monate waren von politischen Turbulenzen geprägt, die ihren Höhepunkt mit einem Gesetz des Hohen Repräsentanten erreichten, das die Leugnung des Völkermords (Srebrenica) unter Strafe stellte. Die Führer der Republik Srpska riefen daraufhin zur Abspaltung und zur Bildung einer eigenen Armee auf. Es sind populistische Äußerungen im Vorfeld der Wahlen, aber sie haben die Menschen in Bosnien-Herzegowina erschüttert und sie destabilisieren den Versöhnungsprozess. 

 

Daneben laufen eine Reihe von Gerichtsverfahren gegen Beamte des Landes, weil sie sich bei der Beschaffung von medizinischer Ausrüstung und Medikamenten zur Bekämpfung der COVID 19-Pandemie persönlich bereichert haben. Es sind Untersuchungen darüber im Gange, dass der in den Krankenhäusern zur Behandlung der Patienten verwendete Sauerstoff industriell und nicht medizinisch hergestellt wurde.

 

Leider nahm dieses Jahr auch der Antisemitismus in Bosnien und Herzegowina zu. Neben vielen antisemitischen Äußerungen in den sozialen Medien malte im März 2021 jemand ein Hakenkreuz auf den Nachruf unseres verstorbenen Mitglieds der Jüdischen Gemeinde. Im Mai 2021 bezeichnete einer der Professoren der Fakultät für Islamische Studien während eines Interviews Juden als Völkermörder und zitierte dabei die Protokolle der Ältesten von Zion. Außer leichtem Protest hatte diese Hassrede keine Konsequenzen für ihn."

 

Dieser Bericht ist ernüchternd und ungeschönt. Was wir von Benevolencija Deutschland aus tun können, ist, die Unterstützung von La Benevolencija Sarajevo mit dem HomeCare-Projekt aufrechtzuerhalten und, wenn möglich, auch finanziell zu intensivieren.

 

Ziel des Programms ist es, älteren Menschen, sowohl Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde als auch bedürftigen Menschen aus anderen Volksgruppen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Dazu gehören angemessene Hilfe im Haushalt, Unterstützung bei der Beschaffung von Medikamenten, Lebensmitteln und andere Dienstleistungen und, nicht zuletzt, die tägliche warme Mahlzeit für die Menschen, die sich gar nicht mehr selbst helfen können.

 

Das scheinen angesichts der großen Probleme in der Welt kleine Schritte, aber sie sind wichtig und mit Ihrer Unterstützung möglich.

 

Wir danken Ihnen für Ihre Hilfe und wünschen Ihnen alles Gute für 2022!

Ein Interview mit Jakob Finci, das am 24. Januar 2021 in der Jüdischen Allgemeinen erschien. Wir waren zunächst irritiert, dass Benevolencija Deutschland gar nicht erwähnt wird, da es eine gute Gelegenheit gewesen wäre, auf das Homecare-Projekt hinzuweisen. Auf Nachfrage erfuhren wir von Jakob Finci, dass Juan F. Alvarez Moreno das Interview für eine spanische Zeitung geführt hatte. Die Jüdische Allgemeine hat es dann unverändert übernommen und ins Deutsche übersetzt. Trotzdem denken wir, dass es lesenswert ist.

Im Auswärtigen Amt in Berlin wurde vom 25.11. bis 15.12.2015 eine überarbeitete Version der Ausstellung „Überleben in Sarajevo“ von Edward Serotta gezeigt. Sie erinnern sich vielleicht: Vor 20 Jahren wurden noch während des Krieges im Frühjahr 1995 die eindrücklichen Fotos von Serotta aus Sarajevo im Rohbau des Jüdischen Museums Berlin gezeigt. Serotta und sein Team haben daraus eine Wanderausstellung konzipiert, die seit etlichen Jahren durch die Welt tourt und die Einzigartigkeit der friedensstiftenden interkulturellen Arbeit von La Benevolencija zum Thema hat.

Am 26.11. fand im Jüdischen Museum eine ganztägige Tagung mit dem Titel Das europäische Jerusalem - Jüdisch-muslimisches Zusammenleben in Sarajevo statt. Auch Jakob Finci saß auf dem Podium.

Programm der Tagung
JMB_Programm_Sarajevo_www.pdf
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