Benevolencija Deutschland e.V.
Unterstützung der humanitären Hilfesorganisation La Benevolencija der jüdischen Gemeinde in Sarajevo

 

Bericht über die Aktivitäten 1997
und zur momentanen Situation in Sarajevo
von Joan Klakow, Hajo Funke , Christoph Koch



Die Apotheke von La Benevolencija hat noch mehr zu tun als im letzten Jahr.

Täglich werden 700 - 900 Rezepte bearbeitet. Nach wie vor werden die Medikamente kostenlos abgegeben. Von großem Wert war ein Transport mit speziell gewünschten Medikamenten, die Benevolencija Deutschland im Frühjahr 1997 mit Hilfe des Auswärtigen Amtes schicken konnte.

Leider gibt es momentan Schwierigkeiten mit der Lagerung - in den Keller ist Wasser eingedrungen und er muß dringend saniert werden.



Die Erste-Hilfe-Station wird ausgiebig genutzt.

Von Januar bis Ende Juli 1997 hat die Ambulanz 8.000 Patientenbesuche verbucht - etwa 60 pro Tag.

Wir haben die Ärzte - eine Kardiologin, eine Internistin und einen Facharzt für Magen- und Darmerkrankungen - und die drei Krankenschwestern gesprochen. Zweimal die Woche kommt ein Psychologe und eine Kranken- gymnastin. Auch Hausbesuche werden gemacht - zu Fuß oder mit der Straßenbahn, denn bisher fehlt ein Auto. Glücklicherweise wird ein Herr aus Oldenburg für diesen Zweck ein Fahrzeug spenden. Wir werden es im November nach Sarajevo bringen.



Auch das Kosevo-Krankenhaus in Sarajevo, d.h. die onkologische, die hämatologische und die nephrologische Abteilung haben wir besucht.

Auf der Kinderkrebsstation wurden zwei Wünsche an uns herangetragen: verschiedene spezielle onkologische Medika-

mente und die Ausgestaltung eines Spielzimmers. Die Kinder, die im Krankenhaus bleiben müssen, haben dort nichts: keinen Stift, kein Buch, kein Spiel.

Wir haben versprochen Spiel- zeug, Kinderkleider und Bilder- bücher zu sammeln und zu schicken.
Die Nephrologie braucht dringend ein Ultraschallgerät, welches das alte zerschossene ablöst. Die Hämatologie braucht ein Mikros- kop und ein Kontaktkrankenhaus in Deutschland, damit die Ärzte sich weiterbilden können.

Um die Situation in Bosnien hinsichtlich der wichtigen Diskussionen in Berlin um eine freiwillige Rückkehr der Flücht- linge besser beurteilen zu können, haben wir Vertreter des Deutschen Roten Kreuzes, des Hohen Kommissars der Europäi- schen Union, bosnische Politiker verschiedener Parteien und den deutschen Botschafter gespro- chen. Auch Pale im serbischen Teil Bosniens haben wir besucht - und Hajo Funke war in Srebrenica, Bratunac, Zvornik und Bjelijna.


Unsere Gesprächspartner in Sarajevo waren sich darin einig, daß für die Verbesserung der politischen Lage die Verhaftung der angeklagten Kriegsverbrecher notwendig ist. Außerdem ist Be- wegungsfreiheit in ganz Bosnien eine zentrale Voraussetzung für die freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge. Der Vertreter des Deutschen Roten Kreuzes hat uns gegenüber betont, wie be- lastend die immer noch großen ethnischen Spannungen sind.

Nach wie vor ist die Entminung der Felder ein ungelöstes Prob- lem - ein systematischer Abbau wird nicht vorgenommen, so daß Landwirtschaft sehr gefährlich ist. Zeitungsberichten zufolge gibt es monatlich immer noch etwa 40-50 Minenopfer. Jedes fünfte wird dabei tödlich verletzt.

Fast alle, die wir in Sarajevo trafen, befürchten den Verlust des kosmopolitischen Aspektes der Stadt. Für sie ist es sehr viel enger geworden in Sarajevo: räumlich und auch geistig.

Uns hat der Besuch sehr deutlich gezeigt, wie wichtig die Unter- stützung von La Benevolencija Sarajevo in einer Übergangszeit zwischen Krieg und Frieden ist, die wir uns so schwer nicht vor gestellt haben.

29.09.97 Reisebericht von Joan Klakow, Hajo Funke, Christoph Koch